Philipp Gerhardt: Klimawandel adé? – Über die Möglichkeiten von Wald, Gärten und Agroforst
Videomitschnitt:
Philipp Gerhardt: Klimawandel adé? – Über die Möglichkeiten von Wald, Gärten und Agroforst
Waldgartenkongress 2024
Thema: Ökologie & Boden
Level: Neueinsteigende
Wann: Samstag, 11:00-12:00 Uhr
Wer: Philipp Gerhardt
Web: https://baumfeldwirtschaft.de
Agroforstsysteme können dazu beitragen, Wasser in der Fläche zu halten und lokale Niederschläge erhöhen. Wenn wir Europa innerhalb kurzer Zeit in eine Klimalandschaft verwandeln wollen, steht die Geschwindigkeit, mit der wir die ganze Landschaft umbauen können, im Vordergrund. Für die langfristige Stabilität der Systeme ist die Komplexität der Agroforstsysteme als Träger von Resilienz ausschlaggebend.
Den Videomitschnitt seines Vortrags kannst du hier starten:
Dr. Philipp Gerhardt berichtet in seinem Vortrag aus seinen 20 Jahren Erfahrung mit unterschiedlichen Agroforstsystemen und Waldgartenprojekten. Er ordnet außerdem die Landnutzung in den Kontext des Klimawandels ein. In die Planung brachte er Wissen aus dem Studium der Forstwissenschaften mit. Dennoch hat er Ehrfurcht vor neuen Kombinationen unterschiedlicher Kulturen und vor allem dem „Spiel mit dem Wasser“. Hier setzt er auf die von ihm durchgeführte Praxisforschung.
Die Landwirtschaft steht vor zwei großen Herausforderungen, denn sie ist momentan weder sozial, noch ökologisch nachhaltig. Sie muss auf Klimaschutz und Biodiversität ausgerichtet werden und ein anderes Arbeitsumfeld bieten. Eine bäuerliche Landwirtschaft hat dabei zwar nicht zwangsläufig eine klimapositive Wirkung, bietet jedoch mehr Chancen zur Umsetzung der dafür notwendigen Landschaftsfunktionen. Der Klimawandel findet einerseits in den oberen Atmosphärenschichten durch Treibhausgase veränderte Wolkenbildung statt. Andererseits wird er durch bestimmte Landnutzungen verstärkt. Während Wasser und Wald kühlende Effekte haben, heizen neben versiegelten Flächen auch trockene Äcker die Umgebung auf. Neben einer kleinteiligen Eigentumsstruktur braucht es deshalb eine verbesserte meteorologische Wirkung der Landschaft. Hierfür sind Vertikalstrukturen und Verdunstungsinfrastruktur nötig.
Brandenburger Wälder, die von Hitze und Trockenheit bedroht sind, können nur erhalten werden, wenn die Ackerflächen mit Gehölzen umgebaut werden. Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass das Grundwasser, welches die Bäume ziehen bei der Verdunstung kühlend wirkt und zur Wolkenbildung sowie regelmäßigeren Niederschlägen beitragen kann. Diese erneute Wolkenbildung über dem Land ist essenzieller Teil des Wasserkreislaufes und grundlegend von Bäumen abhängig. Die Bildung von neuem Grundwasser durch Tiefensickerung erreicht zudem in lichten Gehölzlandschaften ihr Maximum. Darüber hinaus steigern Bäume die Kohlenstoffbindung, können den Ertrag stabilisieren oder sogar steigern, verbinden Biotope, steigern die Taubildung und können sogar kühlende Effekte auf das regionale Klima haben.
Ausprobieren scheint sich also zu lohnen, vor allem, da es kaum Risiken gibt. Zu beachten ist allerdings, dass wir skalierbare Produktionssysteme brauchen, die zu unseren aktuellen Bedürfnissen passen. Die Fruchtproduktivität von Waldgärten ist in unserem Klima allerdings sehr gering. Getreide lässt sich in solchen Strukturen kaum anbauen und unsere Ernährung wird sich nicht innerhalb von 10 Jahren rein auf Baumfrüchte umstellen lassen. Hochdiverse Waldgärten scheinen deshalb aktuell wie ‘Spinnereien’. Der Garten sollte nach Meinung von Philipp Gerhardt am Ende des Dorfes in Kulturlandschaft übergehen. Der relevante Hebel ist folglich die Agroforstwirtschaft. Mit ihr kann in der Fläche gearbeitet werden und sie ist mit den aktuellen Landwirt*innen, ihren Arbeitsweisen und Maschinen kompatibel. Diversität ist dennoch wichtig. Innerhalb der Systeme und auch untereinander, denn sie werden überall anders aussehen. Während zunächst auf Pionierbaumarten zu setzen ist, die schnell Struktur in die Landschaft bringen, können darauf Obstbäume oder Edelhölzer folgen.
Für einen verbesserten Wasserhaushalt setzt Philipp Gerhardt auch Keyline-Designs ein. Allerdings müssen diese angepasst werden. Neben der speziellen Anordnung der Baumpflanzungen, sind im hiesigen Klima Erdarbeiten notwendig. Ohne sie können Erosionsschutz und der Rückhalt von Starkregenereignissen nicht ausreichend gewährleistet werden, wie in Modellprojekten gezeigt werden konnte. In der Kombination können die Hangwässersysteme dann für mehr pflanzenverfügbares Wasser sorgen, die Bodenfeuchtigkeit und die Versickerung von Wasser steigern und vor Hochwasser schützen. Hier müssen alte Methoden korrekt angewendet werden.
Die Devise lautet also Aufbäumen statt Aufforsten! Lichte Gehölzstrukturen sind die stärkste Option für Klimaanpassung. Um das Klima zu beeinflussen, müssen der atmosphärische und terrestrische Wasserhaushalt angesteuert werden.
Weitere Vorträge vom Kongress ’24:
Die Dokumentation zum Vernetzungstreffen ist verfügbar! Hier lesen und hier das Vorschauvideo ansehen:
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