Florian Hurtig: Eine kleine Geschichte der Waldgärten

Videomitschnitt:
Florian Hurtig: Eine kleine Geschichte der Waldgärten
Waldgartenkongress 2024

Thema: Ökologie & Boden
Level: Neueinsteigende

Wann: Samstag, 15:30-16:15 Uhr
Wer: Florian Hurtig

Kapitel:
00:00 Einführung
01:11 Jōmon-Kultur Japan
04:59 Haselnusskultur Mitteleuropa
07:04 Wildgetreide & Pistazien Naher Osten
09:24 Egalitäre Städte Ukraine
10:48 Agroforst frühe Römer
11:39 Waldgärten im Mittelalter
15:36 Esskastanie in Südeuropa
17:16 Anabaum Afrika
18:30 Tropische Waldgärten
20:02 Feldwechselwirtschaft / Milpa
20:53 Präkolumbianisches Südamerika
21:45 Produktivität: Waldgarten vs Ackerbau


Florian ist praktizierender Solawi-Gärtner und Autor des Buches “Paradise Lost”, in dem er die Geschichte der Waldgärten und der industriellen Landwirtschaft ausführlich beschreibt.In seinem Vortrag gibt er einen kurzen Abriss der Geschichte der Waldgärten.

Waldgärten haben in vielen Kulturen eine sehr lange Tradition – sie reichen sogar um Jahrtausende weiter zurück als der Ackerfeldbau. Wir wollen uns einige Highlights dieser Geschichte anschauen und beleuchten dabei auch die Verflechtung zu sozialen Verhältnissen.

Den Videomitschnitt seines Vortrags kannst du hier starten:

Die Waldgärten in Japan bei den Jomon sind die ersten Waldgärten die nachgewiesen werden können. Und mit die ersten Anbausysteme, die sich lokal konzentrieren, von denen wir wissen. Hier wurde Esskastanien, Walnuss, Holunder, Trauben, Maulbeere, japanische Pestwurz und viele weitere gezielt gepflanzt, oder im Wachstum unterstützt.

Die Jomon waren seit 13.700 sesshaft und kannten Keramik. Castanea Crenata wird seit ca 13.000 v.Chr. in Japan kultiviert und ist deshalb heute die großfruchtigste der Esskastanien-Arten.
In Europa hingegen wurden schon sehr früh (im Mesolithikum) Haselnusskultur angebaut, wie es für den Duvensee durch die Arbeiten von Daniela Holst belegt ist: Um 8.000 v.Chr. drängt die Haselnuss Birken-, Weide- und Kiefernpopulationen zurück, wie wir anhand von Pollendiagrammen sehen können.

Wie kam es dazu? Es wurden ganze Bodenhorizonte von Haselnussschalen gefunden, sowie Steine, die zweifelsfrei zum Nussknacken verwendet wurden. Neben den Haselnüssen wurden Rohrkolben und Hagebutte kultiviert oder unterstützt.

Im Nahen Osten wurde schon lange vor der Neolithischen Revolution Pistazien und Getreidesorten unterstützt. Der Ackerbau, der hier aufkam, wird in der Geschichtsschreibung (Vorgeschichte) als großer Wendepunkt beschrieben, der er erst einmal gar nicht war. Der Anbau von Getreide war erst einmal nur eine unter vielen Möglichkeiten der Subsistenzstrategie, die nicht höher oder niedriger war als andere. Etwas wirklich bedeutendes veränderte sich erst, indem Menschen gezwungen wurden unfreiwillig auf den Feldern zu arbeiten, oder Getreidesteuern zu zahlen. Hieraus entstand ein Getreide-Manpower-Komplex, der den Antrieb von Sklaven und den Bau von Pyramiden etc. ermöglichte, aber auch den Boden hoffnungslos ausbeutete.
Auch im Mittelalter haben wir einige sehr interessante Waldgartensysteme, wie zum Beispiel die Haubwergwirtschaft, deren wichtigstes Produkt die Eichenrinde für die Gerberei war. Weitere Produkte waren aber Holz aus Niederstammwirtschaft zwischen den Eichen, Buchweizen, Haselnüsse, und weitere.

In Südeuropa hingegen wurde die Esskastanie als Brotbaum genutzt. Auf Korsika wurde unter Esskastanien Schafe gehalten.

Die tropischen Waldgartensysteme hingegen zählen zu den produktivsten Anbausystemen der Welt und sind ebenfalls uralt. Die Kolonisatoren erkannten dies gar nicht, weil sie die Waldgärten für einen Urwald hielten. Erst mit der Industriellen Landwirtschaft und Hybridsaatgut wurde es möglich, dass mit monokulturellem Ackerbau ähnliche Hektarerträge erzielt wurden, wie durch Waldgärten – aber nur mit viel fossilem Input.

In Anbetracht des Klimawandels haben Waldgärten also viele relevante Vorteile.

Die Inhalte stammen aus meinem Buch: „Paradise Lost – Vom Ende der Vielfalt und dem Siegeszug der Monokultur“,
ISBN 978-3962382032.

Quellennachweise bitte dort entnehmen.

Weitere Vorträge vom Kongress ’24:

Die Dokumentation zum Vernetzungstreffen ist verfügbar! Hier lesen und hier das Vorschauvideo ansehen:

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